Das Paradies am Fluss by Willett Marcia

Das Paradies am Fluss by Willett Marcia

Autor:Willett, Marcia [Willett, Marcia]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
Herausgeber: BASTEI LÜBBE
veröffentlicht: 2013-11-22T05:00:00+00:00


Guy tritt hinter Oliver in die Diele und schließt die Haustür hinter sich. Er lässt seinen Koffer neben Olivers Reisetasche fallen und sieht sich um.

»Wo ist meine Mutter?«, verlangt er zu wissen.

Statt einer Antwort öffnet Oliver eine Tür und lässt Guy höflich den Vortritt. Kurz zögert Guy. Sein Zorn, der immer knapp unter der Oberfläche schwelt, wächst. Oliver verhält sich, als wäre er hier der Hausherr; er hat die Situation in die Hand genommen. An ihm vorbei tritt Guy ins Wohnzimmer. Er hat Oliver noch nie leiden können. Cass’ und Toms Sohn ist zwar mehrere Jahre jünger als er, aber er besitzt ein angeborenes Selbstvertrauen, eine Fähigkeit, zur rechten Zeit am rechten Ort und immer bei den richtigen Leuten zu sein: bergeweise gute Noten, Jahrgangsbester in Cambridge. Später hat Unk ihn zum Geschäftspartner gemacht und ihm seine äußerst lukrative Firma hinterlassen. Und jetzt hat er die Stirn gehabt, die Schulgebühren für seine, Guys, Kinder zu bezahlen. Mit kaum verhohlener Abneigung sieht er den Schwager an und überlegt, was die Reisetasche in der Diele zu bedeuten hat.

»Ist meine Mutter hier?«, fragt er noch einmal.

»Nein.« Oliver vollführt eine Handbewegung, die vielleicht Mitgefühl ausdrücken, vielleicht aber auch eine Entschuldigung sein soll. »Sie ist ein paar Tage nach St. Meriadoc gefahren. Wusste jemand davon, dass du nach Hause kommst?«

»Nein«, antwortet Guy knapp. Forschend sieht er sich in dem Raum um, lässt ihn auf sich wirken und macht sich ein Bild davon. »Ich habe gestern bei einem Freund in London übernachtet und mir einen Mietwagen genommen. Und was hast du hier zu suchen?«

Die direkte Frage amüsiert Oliver offensichtlich. Guy rechnet mit Konflikten, mit Vorwürfen, und er ist darauf vorbereitet und aggressiv gestimmt. Oliver zögert und beschließt dann, nicht wie erwartet auf den verlorenen Sohn – oder, in diesem Fall, verlorenen Schwager – zu reagieren, sondern ihn einfach auf dem falschen Fuß zu erwischen.

»Der gute alte Guy«, sagt er beiläufig. »Wie schön, dich nach so langer Zeit wiederzusehen, und vollkommen unverändert! Ich hatte mir gerade ein paar Fotos von dir angeschaut.«

»Fotos?« Genau wie Oliver gehofft hatte, gerät Guy vollkommen aus dem Konzept. »Was für Fotos?«

»Die hier.« Oliver beugt sich über den Tisch und schiebt ihm die Aufnahme aus dem Mount House hinüber. »Siehst du? Du und Giles hier am Ende der Reihe.«

Als Guy auf die vielen kleinen Jungen hinuntersieht, steigen unerwartet eine Anzahl verwirrender Erinnerungen und Empfindungen in ihm auf: ungezwungene Kameradschaft, ausreichend Gelegenheit zum Austoben, Geborgenheit. Er war als Grundschüler im Internat sehr glücklich gewesen.

»Könnten deine Zwillinge sein, oder?«, murmelt Oliver. »So eine Art ungebrochene Tradition.«

Bevor Guy antworten kann, hält Oliver ihm ein weiteres Foto hin, das von Blundell’s: Er und Giles stehen an den entgegengesetzten Enden der Reihe, und jetzt melden sich bei Guy andere Erinnerungen. Abschlussprüfungen und die Erwachsenenwelt, die beginnende Last der Verantwortung üben Druck aus: Das Leben ist real, und das Leben ist ernst. Er gibt das Foto wieder zurück und sieht seinen Schwager an.

»Ich hatte an Charlotte gedacht«, erklärt Oliver wie zur Antwort auf eine Frage. »Das war in dem Jahr, als sie gestorben ist.



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